Dichter und Heidewiib

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In Wirklichkeit sind sich der Dichter Joseph Victor von Scheffel und das legendäre Hotzenwälder Heidewiib wohl nie begegnet.
Gerhard Jung hat die Geschichten der beiden Charaktere jedoch miteinander verwoben und zu einem spannungsreichen, dichten Stück verarbeitet.
Es spielt Mitte des 19. Jahrhunderts.
Es rankt sich um die Begegnung des Rechtspraktikanten und Dichters Joseph Victor von Scheffel mit dem "Heidewiib" Maria-Magdalena Häsle.

Der Blick wird auf die kleinen Freuden und Tragödien im Alltag der vor 150 Jahren in extremer Armut lebenden Hotzenwaldbevölkerung gelenkt.
Heiteres findet sich darin neben Ernstem. Es werden Lebensweisheiten vermittelt, direkt und indirekt.

Auch in diesem Stück wird "dem Volk aufs Maul geschaut".

Das Stück spielt vor dem Gasthaus "Zum dürren Ast" (das tatsächlich einmal existiert hat) in Högschür. Frauen klagen über schlechte Ernte, Armut und das mangelnde Interesse der Säckinger an den Waren, welche die Frauen am Markt feilbieten um irgendwie zu Überleben.
Das Heidewiib kommt hinzu um Fisch zu verkaufen. Es hat den Ruf eines Sonderlings, harmlos aber unheimlich und schürt die Geschichten über seine Person mit Handlesen, Albernheit und unheimlichen Geschichten, die es zum Besten gibt.

Es will Verena Ücker, einem hübschen Mädchen, die Zukunft aus der Hand lesen, diese versucht sich zwar zunächst diesem Angebot zu entziehen willigt aber schließlich doch ein.
Über die Weihsagung verwirrt bleibt es auf der Bank zurück und wird von Erika der unehelichen Tochter des Heidewiibs getröstet und beruhigt.

Simmi ein verwirrter und aggressiver Religionsfanatiker und Sektierer kommt hinzu und verkündet Verena, dass Gott ihm gesagt habe, dass sie seinen Braut würde. Er ist äußerst aggressiv und schlägt einen jungen Mann der zu viel Interesse an Verena zeigt einfach nieder. Er wird von den übrigen anwesenden festgehalten und das Heidewiib ließt ihm aus der Hand, weil er es mit der Aussage es habe Angst in ihm zu lesen sozusagen dazu zwingt und sieht voraus, dass von ihm binnen kurzer Zeit nurmehr ein Häufchen Asche übrigbleibe. Irre lachend läuft Simmi davon.

Kurz danach kommt der junge Rechtspraktikant vor dem Gasthaus an, um Gerichtstag in einer Streitsache zwischen zwei Nachbarn zu halten.
Bereits einen Tag vor der Verhandlung am Ort, lernt Scheffel "endlich und erfreut" das Heidewiib kennen.
Er wird Zeuge, wie Simmi erneut die Dorfgemeinschaft drangsaliert und wird sogar selbst von ihm angegriffen.
Und er trifft hier Verena wieder, die bei ihm, bereits bei der ersten Begegnung in Säckingen, Träume über das Aussteigen aus seiner städtisch geprägten Existenz erweckt hat.
Doch Verena, die Tochter des Willaringer Wirts, hat sich bereits entschieden die Romanze zu beenden, denn sie fühlt, dass die Standesunterschiede zu groß sind. Trotz des Drängens des Jungen Mannes bleibt sie standhaft und versucht ihm seine Träumerei auszureden.

Unerfüllte Liebe bildet aber nicht das alleinige Hauptthema im langen ersten Akt.
Die Schar junger Leute, die im Wirtshaus in den Mai tanzen will, nutzt die zufällige Anwesenheit Scheffels und des Heidewiibs für sich.
Man überredet das Heidewiib eine schaurige Geschichte über den Ursprung der seltsamen Wirtshausbezeichnung zum Besten zu geben.
Die Weissagungen des Heidewiibs und der geistig verwirrte Simmi welcher der damals im Hotzenwald angesiedelten "Aegidler"-Sekte angehört verwirren die Szene zusätzlich.

Rührende und bestürzende Szenen finden sich in den beiden folgenden Akten.
Die beiden Streithähne, wegen welchen Gericht gehalten werden muss, sind nicht zur Versöhnung bereit und Scheffel muss ein Machtwort sprechen, um den Streit nicht auch noch bei Gericht
in offene Gewalttätigkeiten ausarten zu lassen.
Doch schon in der folgenden Nacht ändert sich die Situation gänzlich.
Das Heidewiib schafft in der Notsituation dieser Nacht Klarheit über den Erzeuger ihrer unehelichen Tochter und die zwei Dauerstreithähne versöhnen sich durch die gemeinsame Hilfe während des von Simmi gelegten Großbrandes, bei dem dieser wie vom Heidewiib vorausgesagt selbst den Tod findet.

Mit Hilfe des Heidewiibs werden auch Seitenhiebe auf falsche Frömmigkeit auch auf dem "gläubigen Wald" ausgeteilt.
Provokante Sätze fallen auch über das Geschlechterverhalten in der von Not und Auswanderungen gekennzeichneten Zeit.